Wer heute durch die Altstadt von Villach schlendert, bemerkt vielleicht kleine Details, die nicht so recht ins übliche Kärntner Stadtbild passen. Verschnörkelte Fassaden, steinerne Giebel, Fensterformen, die man eher in bayerischen Städten wie Bamberg oder Nürnberg erwarten würde. Diese Eigenheiten sind keine zufällige Laune der Baukunst – sie sind stille Zeugen eines erstaunlichen Kapitels der Stadtgeschichte, das viele längst vergessen haben.
Denn Villach gehörte ganze drei Jahrhunderte nicht zu Kärnten, sondern zum Bistum Bamberg im fernen Franken. Der Grund dafür liegt tief in den politischen Verflechtungen des Mittelalters. Im 11. Jahrhundert schenkte ein mächtiger Herrscher große Teile des heutigen Villacher Gebiets den Bamberger Fürstbischöfen. Was als fromme Schenkung begann, entwickelte sich zu einer Herrschaft, die so fest verankert war, dass sie erst nach 300 Jahren wieder gelöst wurde.
Mit Aktien Geld verdienen? Das Buch das dir dabei hilft!
Für die Villacher bedeutete diese fränkische Oberhoheit nicht nur neue Verwaltungsvorschriften und andere Rechtsgewohnheiten, sondern auch eine kulturelle Prägung, die das Stadtbild nachhaltig veränderte. Händler, Handwerker und Geistliche aus Franken kamen in die Stadt, brachten ihre Bauweisen, ihre Dialekte und sogar ihre Essgewohnheiten mit. In den Ratsstuben mischten sich Kärntner und fränkische Akzente, auf den Märkten wurden Produkte aus beiden Regionen gehandelt, und in der Architektur verschmolzen die Stile zu einem unverwechselbaren Ganzen.
So wurde Villach zu einer Art Insel fremder Herrschaft mitten in Kärnten – politisch gebunden an einen Ort, der hunderte Kilometer entfernt lag, und doch fest verwurzelt im eigenen Land. Diese Sonderstellung machte die Stadt wohlhabend, aber auch eigenwillig, denn die Bürger lernten, zwischen zwei Welten zu leben.
Als Villach schließlich im späten Mittelalter wieder in den Besitz Kärntens kam, verschwanden die fränkischen Herrschaftsstrukturen nach und nach, doch die Spuren blieben. Bis heute kann man sie sehen, wenn man mit offenen Augen durch die Gassen geht – in den Formen der Häuser, in den steinernen Details und vielleicht auch in einem Hauch von Stolz auf diese ungewöhnliche Vergangenheit, in der Villach für 300 Jahre ein kleines Stück Franken in den Alpen war.
